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Traditionswanderfahrt durch's bayerische Oberland 2012

 

Nach der Chiemsee-Rundfahrt im vergangenen Jahr stand heuer eine andere Variante einer großen Wanderfahrt auf dem Programm der Marienheimer Kutscher. Auf selbst ausgespähter Route wollten wir der Tradition des bayrischen Oberlandes entsprechend mit unseren Kutschen von Fürholzen im Landkreis Freising bis zum Fohlenhof Ebbs, dem Haflinger Landgestüt in Tirol, fahren. Im Vorfeld wurde die gesamte Strecke nach intensivem Kartenstudium mit dem Rad auf unsere Anforderungen mit der Kutsche hin erkundet und sämtliche Quartiere besucht.

Durch den Englischen Garten und mitten durch München

 

Am Sonntag den 30.September starteten 4 Kutschen jeweils zweispännig angespannt von Fürholzen durch die Garchinger Heide Richtung Isar. Es waren mit von der Partie der Bücherl Hans und die Naiser Ulli, der Nutz Hermann und die Marianne, der Hundseder Matthäus und die Rosmarie, und wir beide, der Achim und die Gabi. Den Isarauen flussaufwärts folgend erreichte unser Tross dann die Stadtgrenze von München. Durch die Hirschau, den Föhringer Ring unterquerend wartete mit der Wasserdurchfahrt durch die Furt des Oberjägermeisterbachs die Einfahrt in den Englischen Garten. Nach einer kurzen Pause für die Pferde und die Fahrer am Chinesischen Turm konnten wir am zeitigen Sonntagnachmittag diese herrliche Parklandschaft durchfahren, natürlich mit der gebührenden Rücksicht auf zahlreiche Passanten zu Fuß oder mit Fahrrädern. Anschließend diente uns die Prinzregentenstrasse dazu die Isar zu überqueren um über die Luitpoldbrücke unterhalb des Friedensengels wieder in die nächste Parklandschaft dieses Mal die Maximiliansanlagen auf der Ostseite der Isar abzutauchen. Vorbei an der Praterinsel unterhalb des Maximilianeums folgten wir diesen malerischen Wegen bis zur Muffathalle um hier unterhalb des Gasteigs über ruhige Seitenstrassen östlich des Deutschen Museums vorzufahren bis zu den Frühlingsanlagen bei der Reichenbachbrücke.

Wir konnten nun wieder weg vom Straßenverkehr unsere Reise durch München entlang der Isar fortsetzen. Unter der Wittelsbacher-Brücke hindurch, am Flaucher vorbei, die Thalkirchener-Brücke unterquerend, am Tierpark Hellabrunn entlang, Maria Einsiedln mit der Flosslände am gegenüberliegenden Ufer waren Stationen die an uns in einer beschaulichen Geschwindigkeit vorüber zogen, ohne den sonst gewohnten Verkehrsstress der bayrischen Metropole nur zu erahnen. Nach dem die Großhesseloher Brücke ihre Eisenbahngleise hoch über unseren Köpfen von einem zum anderen Ufer spannte stieg ein weiterer Rosserer von unserer letztjährigen Fahrt, der Lippert Anderl, zu. Mit ihm hatten wir nun einen eingeborenen Führer durchs Prominentendorf Grünwald. Die Isar verließen wir am Flussknie zwischen Pullach und Grünwald durch einen kurzen aber knackig steilen Hohlweg hinauf aufs Hochufer.

 

Die erste Station: Familie Schelle in Deisenhofen

Dank unseres Anderls konnten wir Grünwald problemlos und zügig durchqueren um den letzten Teil des Tages durch den Grünwalder Forst, vorbei am Forsthaus Wörnbrunn bis zum Etappenziel bei der Familie Schelle in Deisenhofen.

Florian Schelle, ein Mann mit großem Herz fürs Pferd und uns Rosserer hatte schon für alle unsere Pferde Boxen und Futter hergerichtet so dass unsere Vierbeiner zu ihrem verdienten Futter und ihrer verdienten Nachtruhe kamen. Der erste Tag hatte es eigentlich schon ganz schön “in sich“ mit den 50 Kilometern und dem Wechsel von beschaulicher Auen- und Parklandschaft mit sonntäglich pulsierenden Verkehr auf einer sechsspurigen Straße einer Großstadt, gespickt mit einer ansehnlichen Wasserdurchfahrt. Aber dank des leicht bewölkten Wetters und doch moderaten Temperaturen haben alle Gespanne diesen Tag sehr gut gemeistert. Nach einem guten Abendessen im Weissbräu in Deisenhofen konnten die nun auch müden Kutscher und Beifahrer bei Anderl und der Ursel ihr Nachtlager beziehen. Der Hundseder Matthäus und seine Frau die Rosmarie wurden vom Kisslinger Hermann abgeholt, da sie leider in der kommenden Woche einen unaufschiebbaren Auftrag erledigen mussten.

 

Der zweite Tag führte uns nun über Kreuzpullach dem Deininger Weiher hinein ins Tölzer Land, einem wirklich beschaulichen Landstrich vor unseren Bergen des Werdenfelser Landes. Wir fuhren förmlich wie auf einem vom Kellner getragenen Tablett auf Naturwegen durch die Filzen vorbei am Deininger Weiher, über Egling bis nach Ascholding immer wieder im die traumhafte Kulisse vom Karwendel übers Wettersteinmasiv bis zur Zugspitze im Angesicht. Mittagsrast für Ross und Kutscher war hier angesagt beim Landgasthof Lacherdinger, wo wir samt unseren Pferden sehr gastfreundlich aufgenommen wurden. Die Pferde ausgeschirrt und getränkt konnten auch wir letzterer Tätigkeit nachgehen. Die Wirtin servierte uns ein wirklich schmackhaftes Mittagessen im Biergarten und wir konnten den guten Service des Hauses genießen. Der Nachmittag führte uns am Hamatinger Weiher vorbei über Föggenbeuren zur Wallfahrtskirche St. Leonhart. Von hier weiter über Ried hinunter nach Dietramszell, vorbei am ehemaligen Ausgustinerchorherrenstift um den letzten Anstieg diese Tages über Obermühlbach und um den Stöttnberg herum hinauf nach Helfersried in Angriff zu nehmen.

 

Die zweite Station: Familie Kappelsberger in Dietramszell

Hier am Ziel unseres zweiten Tages dem Haflingerhof Kappelsberger wurden wir sehr familiär von Johann Kappelsberger und seiner Frau Rosmarie aufgenommen. Nachdem die Pferde ihren Stall bezogen hatten und versorgt waren, durften wir das eigens für uns  zubereitete Abendessen genießen. Ja und danach saßen dann all die Rosserer in der Stuben und man hatte sich bis lang in die Nacht viel zu erzählen und Durst hatten sie auch dabei gehabt.

Am nächsten Morgen hieß es dann wieder Abschied nehmen von einer sehr gastfreundlichen Familie auf einem absolut traumhaft gelegenen bodenständigen Hof, wo das Pferd einen hohen Stellenwert genießt. Die Etappe heute kann man als die Königsetappe dieser Fahrt bezeichnen, sowohl vom Anspruch an die Pferde als auch von der Landschaft des Alpenvorlandes zwischen Bad Tölz und Fischbachau mit ihren vielen einzigartigen Eindrücken, die wir bei herrlich sonnigem Herbstwetter durchfahren konnten. Von Helfersried hinab über Au, führte uns die Route durchs Holz steigend um den Schindlberg herum zum Kirchsee, vorbei an Kloster Reutberg mit seinem schönen Biergarten (schade es war noch zu früh am Tag), durch Sachsenkam über Feld- und Waldwege nach Schaftlach. Beim Raßhof ging es wieder weg von der Straße über Rieder entlang der Bahntrasse der BOB Richtung Tegernsee. Bei der Überquerung der B 472 hatten wir eine durchaus bemerkenswerte Begegnung mit einem Auto fahrenden Zeitgenossen. Nach dem wir in bewährter Manier mit übergezogener Warnweste und Winkerkelle den Straßenverkehr auf unsere Überquerung der Bundesstrasse aufmerksam gemacht hatten, hielten hüben wie drüben die Fahrzeuge an, um uns passieren zu lassen. Auf meinen Gruß und meine Bedankung hin fragte mich der an vorderster Stelle stehende Wohnmobilfahrer mit welcher Berechtigung ich hier den Verkehr aufhalte, ich bräuchte hierzu eine Genehmigung. Ich erwiderte ihm, dem Kennzeichen nach ein Urlauber, schmunzelnd „damit nichts passiert und er mit seiner Frau den Urlaub genießen könne…“. Eine Situation die bestimmt unter der Rubrik typisch deutsch wieder zu finden ist. Aber unsere Truppe lies sich nicht durch solch Unverständnis beinflussen und setzte seinen Weg fort durch eine mit einzelnen Höfen, Wiesen und Weiden charakterisierte Landschaft. In Moosrain kurz vor Gmund hieß es nun erst auf die sehr vielbefahrene  Bundesstrasse 316, den Highway zum Tegernsee, diese wenige hundert Meter zu befahren um sie dann wieder bei der nächsten Abbiegung zu verlassen. Wie eigentlich nicht anders erwartet, lief dies völlig entspannt und problemlos. Bereits der erste LKW, der unsere Warnweste und Kelle erspähte hielt sein Fahrzeug an, diesem Beispiel folgt auch der Fahrer im Gegenverkehr so dass die Gespanne zügig diese Stelle passieren konnten. Es sind halt nicht nur ungedulige Urlauber unterwegs. Wieder weg vom Pulsschlag des automobilen Verkehrs zogen wir unseren Weg über die Wiesenwege bei Festenbach hinab zur Mangfall, wo dann der erste Berg des heutigen Tages wartete. Über Schmerold, Waldhof hinauf bis zum Gieshof hieß es rund 130 Hm zu bewältigen. Die folgende Abfahrt nach Miesbach lies die Anstrengung wieder verfliegen und den Schweiß trocknen. Der städtische Verkehr der Kreisstadt beinflusste uns nahezu gar nicht, so dass wir wohl gemutes den nächsten Anstieg auf die Parsberger Höhe anpeilen konnten. Auch hier waren 100 Höhenmeter zu bewältigen, allerdings nicht so exponiert wie beim ersten Berg. Gerade die Landschaft, in der wir uns hier mit unseren Pferden in einem daran angepassten Tempo bewegten, hat schon einen ganz eigenen Charme.  Man fährt auf einem Höhenrücken dahin, von dem aus der Blick nach Norden die Autos am Irschenberg erkennen lässt, im Süden und voraus die heimischen Berge der Rotwandgruppe und der Wendelstein das Auge fesseln.Die dritte Station: Familie Felsl, Sonnenkaiser in Elbach/Fischbachau

In Wörnsmühl angekommen wartete noch ein relativ kurzer aber knackiger Aufstieg auf einer geschotterten Waldstraße hinauf auf die Hochebene von Hundham an dem wir vorbei über Wiesenwege und Nebenstraßen unser heutiges Ziel den Gasthof Sonnenkaiser in Elbach erreichten. Auch hier wurden wir von Florian Felsl und seiner Familie schon erwartet, die uns sehr herzlich aufnahm.

 

Für unseren Erholungstag oder besser für unsere Pferde, hatte er gleich eine passende kurze Runde mit bekannt guter Einkehr bei der Krugalm parat. Wir konnten der Feiertag ( 3. Oktober) bei bestem Wetter im bekannt guten Biergarten genießen. Unsere Pferde durften sogar derweil auf die Weide des Krugalmwirtes, den es sichtlich freute, dass er von drei Gespannen besucht wurde. Nach ausgiebiger Rast und ratsch mit dem Wirt fuhren wir dann am Nachmittag wieder über Untergschwendt zurück zum Sonnenkaiser.

 

Auch von Elbach hieß es dann am Donnerstag wieder Abschied nehmen um auf malerischer Route weg vom Verkehr auf kleinen Straßen und Wegen Richtung Bayrischzell unsere Gespanne zu lenken. Nach Geitau fuhren wir dann auf Naturwegen immer entlang der Leitzach durch alpine Wiesen- und Weidelandschaft bis sich unser Weg im Wald immer sachte bergauf bis kurz vor die ehemalige Gaststätte Zipfelwirt schlängelte. Man konnte teilweise meinen, dass wir fast eine kleine Marathoneinlage mit interessanter Streckenführung hier vorgefunden haben. Den Rest bis zur Passhöhe des Ursprungpasses bei der Bäckeralm fuhren wir dann auf der Straße um auf österreichischer Seite dann wieder die auf die alte Straße neben der Thierseer Ache auszuweichen. Nach dieser letzten Kutschen gerechten Teilstrecke waren wir schon im Landl, einer kleinen malerischen Ortschaft zwischen Ursprungpaß und Thiersee.

 

Die vierte Station: Familie Mairhofer, Hecherhof im Landl/Tirol

Der Hecherbauer hatte seine eigenen Pferde eigens ausquartiert um unseren Pferden die passenden Boxen bieten zu können. Die Lage des Hofes hoch über der Ortschaft und die Herzlichkeit einer pferdebegeisterten Bauernfamilie übertrafen auf dieser Fahrt wiederum alle Erwartungen. Auch das unkomplizierte Arrangement unserer Übernachtung beim Nachbarhof konnte dieses tolle Bild nur noch abrunden.

Es kam so wie es kommen musste. Nach leichtem Regen in der Nacht empfing uns der letzte Tag wiederum mit sonnigem Wetter. Keiner von uns wollte so richtig begreifen, dass sich unsere tolle Reise mit Pferd und Wagen seinem Finale nähert. Nach Verabschiedung von der Familie Mairhofer, dem Hecherbauern, ging es gleich bergab zur Hauptstraße nach Thiersee, wo wir die „Zivilisation“ wieder verließen um auf  Schotterwegen hoch übers „Wachtl“ zu gelangen. Es bot sich uns hier eine beeindruckende Kulisse eines ehemaligen Steinbruchs der Firma Eiberg-Zement, von uns getrennt durch den 200 Meter tiefer gelegenen Klausbach. Eine steile Schotterstraße ließ uns in gut angelegten Serpentinen vorbei am Wirtshaus Wachtl die alte einspurige Eisenbrücke über den Bach erreichen. Der zuständige Ingenieur Herr Hintner hatte bereits am Vorabend eigens für unsere Durchfahrt die Halbschranke geöffnet, so dass unserer entspannten Weiterfahrt nach diesem fahrerischen Höhepunkt nichts mehr im Wege stand. Über die Schöffau hinunter, vorbei am Hödenauer See führte uns der Weg in der Aue zur Brücke über den Inn beim alten Zollhaus Oberaudorf auf die österreichische Seite. Die Inntalautobahn nicht erahnend wurden wir mit unseren Gespannen auf der Innbrücke bei Oberaudorf daran erinnert, dass wir eigentlich in einem der verkehrsträchtigesten Bereiche Europas uns bewegen.

 

Am 6. Tag im Ziel: Das Haflingergestüt Ebbs in Tirol

Hier waren es nur noch wenige Kilometer bis nach Ebbs zum Fohlenhof, der Hochburg des Tiroler Haflingers. Dank der Zusage des Gestütsleiters konnten wir mit unseren Kutschen direkt hineinfahren um am Fahrplatz ausspannen zu können, da uns eine Gestütsbesichtigung geführt durch eine charmante Mitarbeiterin erwartete. Unsere beiden Haflinger waren ebenfalls von dieser Umgebung tief beeindruckt, so dass sie nach dem Anbinden auch eigenständig zu einer Besichtigung aufbrechen wollten. Aber auch ein Haflinger kann ein sehr verständiges Tier sein, so dass sie sich wieder nach wenigen Metern zum Warten überreden ließen. Der späte Nachmittag führte uns dann wieder durch die Aue zurück über die Innbrücke auf die bayrische Seite, wo uns in Kiefersfelden das letzte Quartier für Ross und Fahrer beim Postwirt in Kiefersfelden erwartete.

 

Die letzte Station: Familie Pfeiffer, Postwirt in Kiefersfelden

Familie Pfeiffer bot unseren Pferden wiederum großzügige Boxen, da die eigenen Shirehorse das Wochenende auf der Alm verbringen durften. Die Gastfreundlichkeit beim Postwirt genießend konnten wir nun am letzten Abend unsere Traditionswanderfahrt durchs Oberland gebührend mit Speis und Trank ausklingen lassen. Am Samstag traten wir dann verladen auf die Hänger die Rückreise in die heimischen Ställe an.

 

Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen Betrieben die unseren Pferden und uns Unterkunft gewährten herzlich bedanken für die überwältigende Gastfreundschaft die wir genießen durften und für das große selbstlose Engagement, das maßgeblich zu dem Gelingen unserer großen Fahrt beigetragen hat.

 

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